Die Teufelsbibel: Ein Mönch, eine Nacht und ein Pakt mit dem Bösen

Teufelsbibel

Es gibt Bücher, die Geschichte schreiben. Und dann gibt es Bücher, die selbst Geschichte sind. Der Codex Gigas gehört zur zweiten Kategorie – ein Werk, das seit über 800 Jahren Rätsel aufgibt und Legenden nährt.

Ein Gigant aus Pergament

Wenn du dir das größte Buch der Welt vorstellst, denkst du vielleicht an moderne Kunstbände oder Lexika. Aber schon im 13. Jahrhundert schufen Menschen etwas Monumentales: Der Codex Gigas misst 92 Zentimeter in der Höhe und wiegt fast 75 Kilogramm. Zwei starke Männer brauchen es, um ihn zu tragen.

Das Buch besteht aus 310 Pergamentblättern – ursprünglich waren es 320. Für die Herstellung benötigten die Mönche etwa 160 Kalbshäute. Eine Investition, die zeigt: Hier sollte etwas Außergewöhnliches entstehen.

Der Teufel im Detail

Was dem Codex Gigas seinen berüchtigten Beinamen „Teufelsbibel“ einbrachte, findest du auf Seite 290: eine ganzseitige Darstellung des Teufels. Nicht als kleine Randnotiz, sondern als imposante Illustration, die das gesamte Blatt ausfüllt.

Der Teufel starrt den Betrachter direkt an – mit roten Augen, Hörnern und einer langen, gespaltenen Zunge. Seine Klauen sind ausgestreckt, als wolle er aus dem Pergament herausspringen. Für ein religiöses Manuskript ist das mehr als ungewöhnlich.

Gegenüber der Teufelsseite befindet sich eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem. Gut gegen Böse, Hell gegen Dunkel – ein Kontrast, der nicht zufällig ist.

Die Legende des Hermann

Wer war der Schreiber dieses mysteriösen Werks? Hinweise im Text deuten auf einen „Hermann der Einsiedler“ hin. Doch um seine Identität rankt sich eine düstere Legende.

Hermann soll ein Mönch im Kloster Podlažice gewesen sein, der gegen seine Gelübde verstoßen hatte. Als Strafe wurde er zum Tode durch Einmauerung verurteilt. In seiner Verzweiflung machte er seinen Richtern ein Angebot: Er würde in einer einzigen Nacht ein Buch schreiben, das alles Wissen der Menschheit enthält.

Die Klosterbrüder ließen sich auf den Deal ein. Doch als die Nacht voranschritt, merkte Hermann, dass er sein Versprechen nicht halten konnte. In seiner Not wandte er sich an den Teufel selbst und bat um Hilfe. Der Herr der Finsternis vollendete das Werk – als Dank durfte er sich selbst im Buch verewigen.

Was Wissenschaft und Mythos sagen

Natürlich ist das nur eine Legende. Aber Schriftanalysen bestätigen tatsächlich: Der gesamte Codex Gigas stammt von nur einer Person. Die Handschrift ist über alle 310 Seiten hinweg bemerkenswert einheitlich.

Experten schätzen, dass ein Schreiber für dieses Werk etwa 20 bis 30 Jahre gebraucht hätte – wenn er täglich daran arbeitete. Die Geschwindigkeit und Präzision der Schrift sind bis heute beeindruckend.

Mehr als nur eine Bibel

Der Codex Gigas ist kein gewöhnliches Buch. Ja, er enthält die vollständige Bibel – Altes und Neues Testament in lateinischer Sprache. Aber das ist nur der Anfang.

Zwischen den heiligen Schriften findest du historische Werke von Flavius Josephus, medizinische Abhandlungen, einen Kalender und lokale Wunderberichte. Besonders faszinierend: Das Buch enthält auch magische Formeln und Anleitungen für Exorzismen.

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Diese Mischung aus Heiligem und Profanem, aus Wissenschaft und Magie, macht den Codex Gigas einzigartig. Er ist wie eine mittelalterliche Enzyklopädie – nur mit einem sehr dunklen Beigeschmack.

Die verlorenen Seiten

Ursprünglich hatte der Codex Gigas 320 Pergamentblätter. Heute sind es nur noch 310. Zehn Seiten fehlen – und niemand weiß, wo sie sind oder was darauf stand.

Wurden sie absichtlich entfernt? Enthielten sie Informationen, die zu gefährlich oder zu ketzerisch waren? Oder gingen sie durch Zufall verloren? Diese Fragen beschäftigen Forscher bis heute.

Manche spekulieren, dass die fehlenden Seiten weitere Teufelsdarstellungen oder verbotene Texte enthielten. Andere glauben, es waren schlicht beschädigte Blätter, die entfernt wurden. Die Wahrheit kennt niemand.

Eine Reise durch die Jahrhunderte

Der Codex Gigas hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nach der Zerstörung des Klosters Podlažice im 14. Jahrhundert wechselte er mehrfach den Besitzer.

1594 gelangte er in die Sammlung von Kaiser Rudolf II. nach Prag. Rudolf war bekannt für seine Liebe zu okkulten Schriften und alchemistischen Experimenten – das perfekte Umfeld für die Teufelsbibel.

Während des Dreißigjährigen Krieges eroberten schwedische Truppen Prag und nahmen den Codex Gigas als Kriegsbeute mit. Seit 1648 liegt er in der Schwedischen Nationalbibliothek in Stockholm.

Digitale Unsterblichkeit

Heute kannst du den Codex Gigas online betrachten, ohne nach Stockholm reisen zu müssen. Die schwedische Nationalbibliothek hat das gesamte Werk digitalisiert und frei zugänglich gemacht.

Beim Durchblättern der digitalen Version spürst du noch immer die Faszination, die von diesem Buch ausgeht. Jede Seite erzählt eine Geschichte, jede Illustration birgt Geheimnisse.

Das Erbe des Teufels

Der Codex Gigas ist mehr als ein historisches Kuriosum. Er zeigt uns, wie Menschen im Mittelalter dachten und glaubten. Die Grenze zwischen Wissenschaft und Magie war fließend, zwischen Heiligem und Profanem.

Die Teufelsbibel erinnert uns auch daran, dass Bücher Macht haben. Sie können Wissen bewahren, Mythen erschaffen und Generationen von Menschen faszinieren. In einer Zeit, in der Information digital und flüchtig geworden ist, steht der Codex Gigas für die Beständigkeit des geschriebenen Wortes.

Die Rätsel bleiben

Wer war Hermann der Einsiedler wirklich? Warum fehlen zehn Seiten? Und warum malte ein Mönch den Teufel so prominent in ein religiöses Werk?

Diese Fragen werden vielleicht nie vollständig beantwortet. Aber gerade das macht den Codex Gigas so faszinierend. Er ist ein Fenster in eine Zeit, in der die Welt noch voller Geheimnisse war – und manche davon sind es bis heute geblieben.

In Stockholm wartet die Teufelsbibel geduldig darauf, dass neue Forscher ihre Rätsel lösen. Oder vielleicht ist es auch besser so, wenn manche Geheimnisse ungelöst bleiben. Denn was wäre ein Buch über einen Pakt mit dem Teufel ohne ein wenig Mysterium?

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