Die Hängenden Gärten von Babylon – Warum das größte Rätsel der Antike nie existiert haben könnte

Ein üppiger, terrassenförmig angelegter Garten mit Wasserfällen, Palmen und blühenden Pflanzen umgibt prächtige alte Steinbauten unter einem hellen, klaren Himmel, der an die Hängenden Gärten von Babylon erinnert.

Eines der sieben Weltwunder der Antike hat ein Problem: Es gibt keine einzige Spur davon. Die Hängenden Gärten von Babylon faszinieren uns seit über 2000 Jahren – doch je mehr Archäologen graben, desto rätselhafter wird ihre Geschichte.

Das Weltwunder, das keiner sah

Du kennst sicher die Liste der antiken Weltwunder: die Pyramiden von Gizeh, den Koloss von Rhodos, den Leuchtturm von Alexandria. Alle wurden von zeitgenössischen Autoren beschrieben, die sie mit eigenen Augen gesehen hatten. Alle – bis auf die Hängenden Gärten von Babylon.

Kein babylonischer Text erwähnt sie. Kein Keilschrift-Dokument aus der Zeit Nebukadnezars II., dem angeblichen Erbauer, spricht von diesem Wunderwerk. Herodot, der griechische Geschichtsschreiber, bereiste Babylon im 5. Jahrhundert vor Christus und beschrieb die Stadt ausführlich. Die Gärten? Kein Wort.

Erst 300 Jahre später tauchen sie in griechischen Quellen auf. Berossus, ein babylonischer Priester, erwähnt sie erstmals um 290 vor Christus. Aber auch er hatte sie nie gesehen – er schrieb seine Texte für griechische Leser, die von orientalischer Pracht schwärmten.

Die romantische Entstehungsgeschichte

Die Legende ist zu schön, um wahr zu sein: König Nebukadnezar II. ließ die Gärten für seine Frau Amytis errichten. Sie stammte aus dem bergigen Medien und sehnte sich nach der grünen Landschaft ihrer Heimat. Also erschuf ihr der liebende Ehemann ein künstliches Paradies mitten in der mesopotamischen Wüste.

Das Problem: Historiker haben keine Belege für eine Prinzessin namens Amytis gefunden. Nebukadnezars Ehefrauen sind gut dokumentiert – keine heißt so. Die Geschichte riecht nach griechischer Romantisierung des „barbarischen“ Orients.

Was die Archäologie verrät

Seit über 150 Jahren graben Wissenschaftler in Babylon. Sie haben Nebukadnezars Paläste freigelegt, die berühmten Ischtar-Tore und die Fundamente des Turms zu Babel. Doch von den Hängenden Gärten: nichts.

Robert Koldewey, der deutsche Archäologe, der Babylon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgrub, fand merkwürdige Gewölbe im Südpalast. Dicke Mauern, wasserdichte Böden, ein rätselhaftes Brunnensystem. „Das müssen die Gärten gewesen sein“, dachte er.

Doch moderne Analysen zeigen: Die Struktur war viel zu klein für ein Weltwunder. Höchstens 30 mal 40 Meter – das entspricht etwa einem halben Fußballfeld. Für einen königlichen Garten lächerlich winzig.

Das Bewässerungsrätsel

Die größte technische Herausforderung war das Wasser. Babylon lag in einer trockenen Region, 90 Kilometer südlich des heutigen Bagdad. Um Pflanzen in luftiger Höhe zu bewässern, hätte man gewaltige Mengen Wasser pumpen müssen.

Die antiken Quellen beschreiben komplizierte Hebevorrichtungen: Schrauben, Räder, endlose Ketten mit Wassereimern. Doch alle diese Technologien kannte man in Babylon noch nicht. Die Archimedische Schraube erfand Archimedes erst 250 Jahre später.

Manche Forscher spekulieren über frühe Formen der Pumptechnik. Doch selbst die einfachsten Wasserpumpen hätten einen enormen Personalaufwand bedeutet. Dutzende Sklaven hätten rund um die Uhr schuften müssen, nur um die Pflanzen am Leben zu halten.

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Die Ninive-Theorie

Stephanie Dalley, eine britische Orientalistin, hat eine verblüffende Theorie: Die Hängenden Gärten standen gar nicht in Babylon. Sie lagen 500 Kilometer weiter nördlich, in Ninive – der Hauptstadt des assyrischen Reiches.

Ihre Belege sind beeindruckend: König Sennacherib von Assyrien ließ um 700 vor Christus tatsächlich spektakuläre Gärten anlegen. Er baute ein ausgeklügeltes Aquädukt-System, das Wasser aus den Bergen holte. Keilschrift-Inschriften beschreiben die Anlage detailliert.

Das Verwirrende: Die Griechen nannten das gesamte Mesopotamien oft „Babylon“. Für sie war jede große Stadt in der Region babylonisch. Vielleicht entstand so die Verwechslung, die bis heute anhält.

Warum die Legende überlebte

Obwohl niemand die Gärten je gesehen hatte, wurden sie zu einem Fixpunkt der Fantasie. Römische Autoren schmückten die Geschichte weiter aus. Mittelalterliche Gelehrte malten sich üppige Paradiese aus. Renaissance-Künstler schufen prachtvolle Gemälde.

Die Gärten verkörperten alles, was sich Menschen unter orientalischem Luxus vorstellten: Verschwendung, Exotik, die Unterwerfung der Natur durch menschlichen Willen. Sie waren das perfekte Symbol für eine dekadente Zivilisation.

Moderne Suchtrupps

Auch heute geben Forscher nicht auf. Satelliten-Archäologie hat neue Spuren in Babylon entdeckt: unterirdische Strukturen, die bisher unentdeckt blieben. Vielleicht liegt dort doch noch ein Geheimnis verborgen.

Das Deutsche Archäologische Institut plant neue Grabungen. Mit modernster Technik wollen die Wissenschaftler jeden Quadratmeter des antiken Babylon durchleuchten. Falls die Gärten existierten, werden sie sie finden.

Das Rätsel der Zeitzeugen

Der seltsamste Aspekt bleibt das Schweigen der Babylonier selbst. Sie waren stolz auf ihre Bauwerke und dokumentierten sie akribisch. Warum sollten sie ihr größtes Wunderwerk verschweigen?

Eine Möglichkeit: Die Gärten existierten nur kurz. Vielleicht entstanden sie unter Nebukadnezar II. und verfielen schon unter seinem Nachfolger. In einer Zeit ohne Fotografien konnten spektakuläre Bauwerke spurlos verschwinden.

Oder sie waren nie als permanente Anlage gedacht. Manche Forscher spekulieren über temporäre Gärten für besondere Anlässe – gigantische Blumenarrangements, die nach wenigen Wochen wieder abgebaut wurden.

Was von der Legende bleibt

Auch wenn die Hängenden Gärten nie existierten, erzählen sie uns viel über menschliche Sehnsüchte. Den Traum vom Paradies, die Sehnsucht nach dem Unmöglichen, den Willen, die Natur zu überwinden.

Babylon war eine der ersten Megastädte der Geschichte. Eine Million Menschen lebten dort, umgeben von Wüste und Sümpfen. Kein Wunder, dass sie von grünen Oasen träumten.

Heute verwirklichen wir ähnliche Visionen: Wolkenkratzer-Gärten in Singapur, vertikale Farmen in Japan, begrünte Hochhäuser in Mailand. Vielleicht waren die Hängenden Gärten ihrer Zeit nur zu weit voraus.

Das größte Weltwunder der Antike bleibt ein Rätsel. Aber vielleicht ist das auch gut so. Manche Geschichten sind zu schön für die Realität.

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